Bürgermeister Christoph Tesche, Polizeipräsidentin Friederike Zurhausen, Recklinghäuser Schulen, Vereine und andere Gruppen haben sich jetzt zum zweiten Mal zu einer stadtweiten Stolperstein-Putzaktion getroffen. Die Idee dazu entstand in der die „Arbeitsgemeinschaft Stolpersteine“ unter dem Vorsitz von Bürgermeister Christoph Tesche.
„In Recklinghausen hat sich über viele Jahre hinweg eine ausgeprägte Gedenkkultur entwickelt, die mir sehr am Herzen liegt. Die Stolpersteine von Gunter Demnig sind ein wichtiger Baustein unsere Bemühungen, die Erinnerung an die Opfer des Nazi-Diktatur wachzuhalten. Dieses ist umso wichtiger in einer Zeit, in der der Antisemitismus erschreckenderweise wieder zunimmt und es Kräfte in unserem Land gibt, die unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung bedrohen“, betonte Christoph Tesche.
Der Bürgermeister reinigte an der Bochumer Straße 73 gemeinsam mit Schüler*innen des Theodor-Heuss-Gymnasiums (THG) und der Käthe-Kollwitz-Schule (KKS) insgesamt vier Stolpersteine. Diese erinnern an Kurt, Minna und Gerd Aron sowie Clara Saalberg.
Polizeipräsidentin Friederike Zuhausen, städtische Auszubildende und Schüler*innen mehrerer weiterführender Schulen in Recklinghausen (Marie-Curie-Gymnasium, Käthe-Kollwitz-Schule, Theodor-Heuss-Gymnasium, Maristenschule, Wolfgang-Borchert-Gesamtschule) sowie weitere Gruppen putzten die Stolpersteine an weiteren Adressen, darunter am Polizeipräsidium.
„Auch an unserem Polizeipräsidium erinnern zwei Stolpersteine daran, dass es in der Nazi-Diktatur einem Machtapparat gelungen ist, die Polizei für seine menschenverachtenden Ziele zu missbrauchen. Albert Funk und Heinrich Vörding starben nach Fensterstürzen aus dem Polizeipräsidium. Der heutige Weg ins Gebäude führt an diesen Stolpersteinen vorbei und erinnert an die Qual und Folter, denen Funk und Vörding vor ihrem Tod ausgesetzt waren“, so Polizeipräsidentin Friederike Zurhausen.
„Die vergangenen Monate haben besonders gezeigt, wie fragil ein friedliches Miteinander und die Demokratie sind. Der Überfall der Hamas auf Israel und die zunehmende Zahl von antisemitischen Straftaten machen dies deutlich. Umso wichtiger ist es, die Erinnerung an die Gräueltaten im Nationalsozialismus aufrecht zu halten, gerade auch für junge Menschen“, fügt die Polizeipräsidentin hinzu.
Viele der beteiligten Schulen hatten in den vergangenen Jahren Stolpersteinverlegungen mitgestaltet.
„Die Stolpersteine im Stadtgebiet sorgen dafür, dass wir an jedem einzelnen Tag der Opfer gedenken. Es ist unser aller Aufgabe, die Erinnerung an diese Menschen wachzuhalten, das Geschehene niemals zu vergessen. Die Platten sind ein ständig sichtbares Zeichen gegen Antisemitismus, Hass, Ausgrenzung und Hetze“, führte Bürgermeister Christoph Tesche weiter aus.Kurt und Minna Aron bezogen 1930 das Haus der Schwiegereltern an der Bochumer Straße 73. Dort lebte die Kaufmannsfamilie Aron gemeinsam mit der verwitweten Clara Saalberg und ihrem Sohn Gerd. Beim Pogrom in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde des Geschäftslokal an der Bochumer Straße 73 zerstört.
Die Familien Aron und Saalberg wurden wie alle jüdischen Bürger*innen ausgegrenzt, diskriminiert, ihre wirtschaftliche Existenz wurde vernichtet, sie wurden isoliert und schließlich in das Ghetto Riga transportiert. Kurt Aron wurde in Riga, Gerd Aron und Klara Saalberg in Auschwitz ermordet.
Minna Aron überlebte die Konzentrationslager und kehrte nach Recklinghausen zurück. Sie engagierte sich beim Wiederaufbau der Jüdischen Kultusgemeinde, deren Vorsitzende sie von 1958 bis 1978 war, sie war Mitbegründerin der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit. Minna Aron starb 1978, ihr Grab ist auf dem Jüdischen Friedhof. Sie gehörte zu den wenigen Überlebenden der Jüdischen Gemeinde
Zum Hintergrund:
46 in Gehwegen eingelassene kleinen Messingplatten und eine Stolperschwelle an der Hohenzollernstraße erinnern bislang im gesamten Stadtgebiet verteilt in besonderer Weise an die Menschen, die von den Nazis verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. Vor allem handelt es sich um Menschen jüdischen Glaubens, die ermordet wurden, erinnert wird aber auch an Opfer der „Euthanasie“ und politische Verfolgte.
Mit seinem europaweiten Kunstprojekt möchte Gunter Demnig den Millionen Menschen, die von den Nationalsozialisten zu Nummern degradiert und ermordet wurden, ihren Namen und damit die Erinnerung an sie zurückgeben.
2014 beschloss der Rat, an Schicksale der NS-Opfer durch die Erarbeitung ihrer Biografien und der Verlegung von Stolpersteinen zu erinnern. Das Projekt ist auf Jahrzehnte ausgelegt und vor allem junge Menschen zur Beschäftigung mit konkreten Lebenswegen zu motivieren.
Pressefoto:
Zum Auftakt der Putzaktion dankten Polizeipräsidentin Friederike Zurhausen und Bürgermeister Christoph an der Bochumer Straße den aktiven Schüler*innen und Azubis. Foto: Stadt RE