Wittstamm Vortrag

Jüdisches Leben in Recklinghausen entstand wieder im 19./20. Jahrhundert im Zuge der Bergbauphase und der dadurch verursachten Entwicklung vom Ackerbürgerstädtchen zu einer Industrie-, Einkaufs- und Verwaltungsstadt. So siedelten sich jüdische Familien vor allem in der Altstadt und den benachbarten Wohnquartieren und im Süden, v.a. entlang der zentralen Bochumer Straße an.

Dr. Franz-Josef Wittstamm, ehemaliger Süder Junge, hat sich nach seiner Pensionierung als Facharzt für Innere Medizin, Kardiologie, Intensivmedizin in Bochum  ganz intensiv auf die Spurensuche nach dem Schicksal früherer Nachbarn und Bekannter seiner Familie  entlang der Bochumer Straße begeben. Er hat in den letzten Jahren vielfältige schriftliche und bildliche Quellen zusammengetragen, ist den Nachkommen jüdischer Familien aus Süd begegnet und hat seine Ergebnisse für die Öffentlichkeit im Internet unter dem Link „https://spurenimvest.de“ zugängig gemacht mit dem Ziel „Gewidmet aller Juden im Vest Recklinghausen-Geflohene, Deportierte, Ermordete und Überlebende“.

Der Vortrag am Theodor-Heuss-Gymnasium, eine Kooperationsveranstaltung von Verein für Orts- und Heimatkunde, Volkshochschule, Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Kreis Recklinghausen und dem Theodor-Heuss-Gymnasium folgte den Spuren jüdischen Lebens entlang der Bochumer Straße und der dort lebenden Familien sowie der Geschäfte jüdischer Inhaber. Dr. Wittstamm stellte einem erfreulich großen Zuhörerkreis im ersten Teil seines Vortrags das jüdische Leben in Süd vor 1933 unter der Überschrift „Bergbauboom und Integration“ vor. Im zweiten und dritten Teil  gedachte er mit seinem Bildvortrag der Diskriminierung und Entrechtung der Süder Juden ab 1933,  ihrer Flucht und Emigration und schließlich ihrer Deportation und Ermordung, insbesondere im Ghetto in Riga. Er ließ in seinem Vortrag die Täter und ihr unmenschliches Handeln nicht unerwähnt. Er schilderte, wie Menschen in Süd  aus  der Notlage der jüdischen Nachbarn Gewinn erzielten, indem sie z.B. den Besitz der jüdischen Nachbarn unter dem vielfachen Wert erwarben, ohne dass dies nach 1945 bis in die Gegenwart in den besonderen Blick der Erinnerungs- und Gedenkkultur geraten ist.

Hinweis: Der Vortrag von Dr. Wittstamm über die „Juden in Süd“ ist  dankenswerterweise aufgezeichnet worden und abrufbar: https://www.zeit-und-zweitzeugen.de/wissen